
Ob es Inklusion auch im Gefängnis gibt? Die Frage kam mir in den Sinn, als ich nach einem Arbeitstag zum Thema "Gemeinsam lernen" ein Theaterstück sah, dass Studenten der FH Frankfurt und Strafgefangene gemeinsam auf die Bühne brachten. Jedenfalls fragte ich mich: Wie gehen Justizvollzugsanstalten (JVA) mit Straftätern um, die gehörlos sind oder die eine Lernbehinderung haben? Was passiert, wenn jemand im Knast psychisch krank wird oder auf den Rollstuhl angewiesen ist? Gibt es für diese Menschen separate Einrichtungen?
Ich fragte die Juristen in meinem Freundeskreis und erntete neben einigem Erstaunen erste Anhaltspunkte: Lernbehinderungen und leichte geistige Behinderungen sprechen nicht grundsätzlich für Schuldunfähigkeit. Gebärdensprachdolmetscher gibt es bei Gerichtsverhandlungen, nicht aber im Gefängnis – dafür gibt es dort Sozialdienste, die sich um die seelische und körperliche Verfassung der Insassen kümmern. Leider dürfen JVA-Mitarbeiter mit ihrem Wissen und ihren Erlebnissen nicht so an die Öffentlichkeit gehen, wie sie möchten – das dürfen nur die Offiziellen, in diesem Fall das Hessische Justizministerium. Das wiederum teilt mit, dass keine Zahlen zu Gefangenen mit Behinderung erhoben werden und dass per medizinischer Aufnahmeprüfung untersucht wird, ob jemand haftfähig ist und ob ein Straftäter mit Behinderung in der Haft adäquat behandelt werden kann. Ferner heißt es, dass einige Hafträume behindertengerecht ausgestattet sind und dass ein Straftäter, der ernsthaft krank ist, in einem Justizkrankenhaus behandelt wird. Wer die reguläre Arbeit im Gefängnis (z.B. in Küche oder Wäscherei) nicht schafft, kann in arbeitstherapeutische Maßnahmen gehen.
Doch viele Fragen bleiben offen – zum Beispiel, was in den einzelnen JVAs hinter dem Begriff "arbeitstherapeutische Maßnahme" steckt? Wie werden Menschen mit Lern- oder geistiger Behinderung gefördert, wie Menschen mit körperlicher Behinderung unterstützt? Und: Wie kommen die Häftlinge mit und die ohne Behinderung miteinander klar?
Antworten auf diese Fragen kann ich in diesem Beitrag nicht geben. Trotzdem finde ich das Thema so interessant, dass ich es hier im Blog aufgreife. Und wer weiß: Vielleicht kann jemand mehr erzählen? Ich freue mich auf Kommentare!
(Autor: Eva Keller)