
Nicht dass ich besonders stolz darauf wäre, in Deutschland geboren zu sein. Nein, das ist nicht unbedingt ein Verdienst. Aber ich bin mir schon darüber im Klaren, dass meine Chancen auf eine gute medizinische Versorgung, eine fundierte Ausbildung und wirkliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in einem Entwicklungsland wesentlich schlechter stehen würden. Zum Beispiel in einem lateinamerikanischen Land. Dort mit einer Behinderung geboren zu werden – besonders, wenn diese auch noch selten und nahezu unbekannt ist –, bedeutet meistens für das betroffenes Kind und seine Familie ein schweres und schmerzliches Leben in Isolation, oft ganz ohne Diagnose, Behandlung und Aussicht auf Bildung und ein unabhängiges Leben.
Selbsthilfegruppe ermöglicht Austausch
Es gibt allerdings auch Menschen, die mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sind und so ihrem betroffenen Kind ein annähernd normales Leben ermöglichen können. Lucía Trávez aus Ecuador gehört zu den Wenigen, die ihrer 1996 geborenen Tochter schon bald die Diagnose Osteogenesis imperfecta (OI – Glasknochen) und eine aufwändige Behandlung, zunächst überwiegend in Kanada, durch hervorragende Ärzte ermöglichen konnte. Aber sie war nicht damit zufrieden, sich nur um das Wohl des eigenen Kindes zu kümmern. Sie begann in ihrem Heimatland nach anderen betroffenen Familien und interessierten Fachleuten zu suchen. 1999 gründete sie eine Selbsthilfegruppe, die Ecuadorianische OI-Stiftung Fundación Ecuatoriana de OI (FEOI).
Stetig wachsendes Netzwerk
Kurze Zeit später nahm sie über Internet Kontakt zu anderen OI-Familien – auch in Europa – auf und lernte so María Barbero aus Spanien kennen, die umgehend damit begann, im privaten Freundeskreis Unterstützung für die Behandlung bedürftiger OI-Kinder in Ecuador und bald auch in Peru zu suchen. Im Jahr 2006 wurde aus dem wachsenden Netzwerk der Verein PadrinosOI, der mit Hilfe von Paten und Spendern aus Europa und den USA inzwischen für über 120 Kinder und einige Erwachsene mit OI über die Partnerorganisationen in Ecuador und Peru Medikamente, Physiotherapie und Hilfsmittel finanziert.
Internationaler Kongress
Im vergangenen Dezember organisierte Lucía Trávez mit Hilfe von vielen Spenden bereits zum zweiten Mal einen großen Lateinamerikanischen OI-Kongress in Quito, an dem Fachleute und Interessierte aus 15 Ländern, etwa einhundert ecuadorianische Ärzte und Physiotherapeutinnen und über 60 Familien mit ihren Kindern teilnahmen. Viele dieser Kinder sind noch jung und brauchen dringend medizinische Hilfe, die ihnen von staatlicher Seite nicht oder nur in geringem Maße gewährt wird. Deshalb werden ständig Paten gesucht, die durch finanzielle Unterstützung eine regelmäßige medikamentöse Behandlung, mitunter auch Physiotherapie, einen Rollstuhl oder andere Hilfsmittel sicherstellen. Für viele müssten Operationen organisiert und teilweise bezahlt werden, damit sie laufen lernen und selbständig werden können. Denn Bildung – und damit Teilhabe an der Gesellschaft – ist für behinderte Kinder bei der bestehenden Infrastruktur in diesen Entwicklungsländern ohne Rollstuhl – und damit zumindest der Fähigkeit zu sitzen – nahezu unmöglich.
Weitere Informationen zum Patenschaftsprojekt:
Deutsche Info-Seite des Patenschaftsvereins PadrinosOI
Kontaktmöglichkeiten:
María Barbero: padrinos@osteogenesis.info
Lucía Trávez: feoi@osteogenesis.info
Mehr Informationen zu Osteogenesis imperfecta:
Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis-imperfecta-Betroffene e. V.
(Autor: Margit Glasow)