An einem kalten Winterabend, die im Moment vermehrt vorkommen, zappte ich mich durch das Fernsehprogramm. Es lief mal wieder "nichts" ... doch dann fiel das Wort "Inklusion", und ich legte die Fernbedienung weg, hörte konzentrierter hin.
Es ging mal wieder um die Herausforderung der Schulen, die Schwierigkeiten der Einzelbetreuung und die Ängste und Unsicherheiten seitens der Schüler selbst. Nichts, was ich nicht schon wusste.
Inklusion ... Inklusion ... Inklusion ... Ein so oft erwähntes Wort, dass ich nachts manchmal davon träume. Keiner weiß so recht, wie, aber es steht fest: Wir "müssen"! Die behinderten Menschen freuen sich, atmen auf und warten - manche sind skeptisch. Und die Nichtbehinderten? Bei ihnen entsteht zunehmend Panik, und die Diskussionen über die Umsetzung häufen sich. Am Meisten geht es bei diesen Diskussionen um Geld. Doch Geld hin oder her: WAS haben Nichtbetroffene von der Inklusion? Warum sollte sich jemand darum bemühen, behinderte oder alte Menschen zu inkludieren?
Horizonterweiterung
Eine gute Freundin von mir sagte mal: "Ich würde niemals meine Behinderung eintauschen wollen. Durch meine Situation bekomme ich einen Einblick in andere Lebensbereiche; ich weiß Dinge, die andere nur erahnen können." Ich habe viel über ihre Aussage nachdenken müssen, und erst einige Jahre später - heute - kann ich sagen, dass ich es auch so sehe. Mich beschäftigen teilweise andere Sachen (Wie breit sind die Türen? Wie schwer sind die Gläser? Welche Mode ist schick und bequem zum Sitzen?), ich bemerke Dinge schneller (oder langsamer), ich spüre womöglich den Wind intensiver ... und ich friere schneller - definitiv. Wenn ein Mensch mit einer Behinderung in den Kurzurlaub möchte, dann muss er SO viel organisieren, wie ein Nichtbehinderter für eine Weltreise organisieren muss. Das sind nur kleine Beispiele aus dem Alltag.
Durch den Austausch lernen diese zwei "unterschiedlichen" Welten vieles voneinander, und es fühlt sich an, als wäre man für einen Moment in die andere, unbekannte Welt eingetaucht; man gewinnt an Verständnis und Erfahrung. Eine Win-Win-Situation für alle!
Alles erlaubt
Oft höre ich die Menschen sagen: "Ich würde gern mehr in Konversation mit behinderten Menschen kommen, aber ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen oder etwas zu Intimes zu fragen. Behindertenwitze mag ich zwar, aber darf ich sie als nichtbehinderte Person auch erzählen und darüber herzlich lachen?" Im Sinne der Inklusion ist es sogar gewünscht! Sich trauen, fragen, quatschen und blöde Witze erzählen, über die man nur lachen kann, wenn beide genug Bier getrunken haben. (Ob dann eine ebenerdige Toilette in der Nähe ist, bleibt fraglich und weiterhin wünschenswert.)
Ehrlich und offen
Ich finde es sehr schade, wenn Menschen in meiner Umgebung "Angst" haben, mich etwas zu fragen oder Dinge zu sagen, die mich verletzen könnten. Ich finde es schade, wenn ich beobachte, dass behinderte Menschen sich Dinge erlauben, die von anderen als unhöflich oder gar bösartig empfunden werden. Es sollte okay sein, auch einem behinderten Menschen zu sagen, dass man sein Verhalten abschreckend findet - und ebenso sind Komplimente angenehm. Es ist keine Diskriminierung, ehrlich und offen zu sein!
Gemeinsam ist man weniger allein
Inklusion wird nur stattfinden können, wenn alle - und ich meine wirklich ALLE - daran arbeiten werden. Verschließt euch nicht ... keiner will etwas Böses, und es ist legitim, Fragen zu stellen, auf die man Antworten bekommen kann.
Und denkt dran: Ganz egal, ob ihr mit einer Behinderung geboren seid oder nicht, spätestens im Alter werden wir alle die Vorteile einer Inklusion genießen!
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(Autor: Anastasia Umrik)