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Zwischen Kinotreppen und lockeren Cafés

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Tanja und ein Freund sitzen lachend im „Doc Beckers“

Wenn man wie unsere Autorin Tanja im Rollstuhl unterwegs ist, ist Barrierefreiheit immer ein großes Thema. Hier berichtet sie, welche Orte sie in Bochum gerne besuchen würde, wenn sie barrierefrei wären – und wo es den besten barrierefreien Kaffee gibt.

Kinobesuch als Herausforderung

Meine große Leidenschaft sind Geschichten. Als Literaturwissenschaftlerin habe ich natürlich eine Art Verpflichtung, Bücher als erstes und liebstes Medium zu nennen :-) Aber nur knapp dahinter kommen dann schon Serien und Filme. Deshalb verbringe ich meine Freizeit nicht nur gerne in Bibliotheken, sondern auch in Kinos. Eigentlich ist das nur die halbe Wahrheit, denn ich würde gern noch viel mehr Zeit in Kinosälen verbringen, aber in Bochum ist das als Rollstuhlfahrerin eine Herausforderung.

In der Innenstadt von Bochum gibt es drei Kinos, zwei davon sind Programmkinos, die auch Filme abseits des „Popcornkinos“ zeigen. Tatsächlich sind von den drei Kinos aber zwei gar nicht barrierefrei, das dritte hat zumindest einen einzigen ebenerdigen Kinosaal. Ansonsten sind meine Alternativen: an den Stadtrand von Bochum fahren oder direkt in die Nebenstadt Herne.

Rollstuhlfahrer auf der Leinwand, aber keine Barrierefreiheit davor

Die nicht vorhandene Barrierefreiheit bedeutet für mich aber nicht nur längere Fahrtwege, sondern auch eine teilweise sehr eingeschränkte Programmauswahl. Ich habe schon einige Filme im Kino verpasst, weil sie eben nur in den nicht barrierefreien Kinos liefen. Ironischerweise war darunter auch  „Vielen Dank für nichts“ – ein Film über Rollstuhlfahrer. Außerdem hat die fehlende Barrierefreiheit natürlich auch Auswirkungen auf mein Sozialleben. Sich spontan anderen Freunden anzuschließen, ist sehr kompliziert, wenn man räumlich an bestimmte Kinos gebunden ist.

Lockerheit und Kaffee – mein Lieblingsort in Bochum

Zum Glück gibt es noch Cafés, die natürlich keine Alternativen zum Kino darstellen, aber sich auf ihre eigene Art gut dafür eignen, um eben Freunde zu treffen. Gerade beim Thema Kaffee bin ich aber schon fast ein bisschen schrullig und war lange Zeit große Anhängerin der grün-weißen Cafékette. Auf jeden Fall war ich wenig euphorisch, als eine Freundin von mir vor ein paar Monaten vorschlug, stattdessen in das kleine Café an der Ecke zu gehen.

„Und du?“

Ein paar Minuten später saßen wir trotzdem an einem Holztisch bei „Doc Beckers“ und gaben beim Besitzer unsere Bestellung auf. Als meine Freundin fertig war, drehte er sich ohne Zögern zu mir um und fragte: „Und du?“ Für die meisten Menschen ist das eine Selbstverständlichkeit, ich werde aber in der Öffentlichkeit so selten direkt angesprochen und schon gar nicht ohne Zögern, dass es für mich immer etwas Besonderes ist. Gleichzeitig ist eine solche Lockerheit immer die beste Basis, damit ich mich irgendwo richtig wohlfühlen kann.

Noch dazu kommt, dass das „Doc Beckers“ ebenerdig ist, es ist gemütlich, ohne zu eng für den Rollstuhl zu sein und hat einen leichten 50er-Jahre-Touch, der für mich als Rockabilly-Anhängerin noch die Kirsche oben drauf ist. Mittlerweile kennt man mich dort, mein Cookie-Latte mit Strohhalm kommt meist automatisch und wenn Zeit ist, gibt es ein paar coole Sprüche dazu – ein echter Lieblingsort eben.

 

Linktipps:

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Mehr Infos zum Thema Barrierefreiheit bei der Aktion Mensch

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Tanja im Rollstuhl vor einem Kino mit TreppenTanja zusammen mit einem Freund vor einem KinoTanja im Rollstuhl mit einem Freund unterwegs in der Bochumer InnenstadtTanja vor dem Eck-Café „Doc Beckers“Tanja unterwegs in Bochum, ein Mann hilft ihr mit Rollstuhl über eine Schwelle auf der StraßeTanja unterhält sich lachend mit zwei jungen Frauen und zwei kleinen Mädchen

(Tanja Kollodzieyski)


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