Wer denkt, nach dem Schulabschluss sei das Schlimmste vorbei, was gescheiterteInklusion angeht, der merkt schnell: Jetzt fängt es erst so richtig an. Nach meinem Abitur wollte ich auf keinen Fall gleich an die Uni, sondern erst mal arbeiten und Erfahrungen sammeln. Ich entschied mich für ein Freiwilliges Soziales Jahr, d.h. man arbeitet ein Jahr ehrenamtlich in einer sozialen Einrichtung oder bei einem sozialen Träger. Naiverweise dachte ich, dass es eben wegen diesem sozialen Hintergrund leichter sein sollte, eine Stelle zu bekommen. Also verschwieg ich die Behinderung nicht und erläuterte sie in allen Anschreiben. Nach vielen Vorstellungsgesprächen und noch mehr Bewerbungen wurde mir die Problematik klar: All diese Einrichtungen haben verstärkt mit Menschen mit Behinderung zu tun, allerdings nicht als Mitarbeiter, sondern als pflegebedürftige Kunden und Bewohner. Und als so jemanden sah man mich auch meistens. So rein theoretisch glaubte man mir schon, wenn ich sagte, ich hätte keine Einschränkung beim Arbeiten und könnte mich selbstständig in der Einsatzstelle bewegen, aber in der Realität sah man mich immer als Pflegefall an und dachte, ich würde das Team zusätzlich belasten.
Eine Behinderung hat auch Vorteile
Ein großes Problem besteht tatsächlich darin, dass die meisten Einsatzstellen darauf ausgelegt sind, dass man körperlich stark belastbar ist. Man hilft im Rettungsdienst aus, trägt Patienten durch die Gegend oder arbeitet in Pflegeheimen. Doch eben nicht in allen. Es gibt auch viele Stellen, wo es darauf ankommt, etwas zu organisieren. Und eine solche fand ich dann auch. Dort erkannte man, dass eine Behinderung auch Vorteile hat. Ich kann mich besser in Menschen hineinversetzen, vor allem, wenn sie in irgendeiner Form auf Hilfe angewiesen sind. Ich habe weniger Vorurteile, begegne Neuem mit Offenheit und Toleranz und kann flexibel mit Hürden und Hindernissen umgehen.
Nicht von Hindernissen abschrecken lassen
Wer es sich vorgenommen hat, ein FSJ zu machen, der sollte sich von solchen Hindernissen nicht abschrecken lassen. Bleibt dran, es lohnt sich. Ich habe gelernt, nicht aufzugeben, und habe eine tolle Stelle bei einem großen Wohlfahrtsverband gefunden. Ich erhielt dort gute Einblicke in die Arbeitswelt, lernte viel Neues und erfuhr, mit welchen Problemen man im späteren Berufsleben als Mensch mit Behinderung wohl auch zu kämpfen hat. Das Beste an dem Ganzen ist, man lernt so viele neue Leute kennen, und plötzlich dreht es sich nicht mehr um einen selbst, sondern man trägt Verantwortung für andere und dafür, dass man seine Arbeit richtig macht.
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(Luisa Eichler)