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Wie Inklusion Schule macht

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Jungen und Mädchen würfeln an einem Spielbrett

Im Projekt GIPS geben Menschen mit einer Behinderung Schülern Einblicke in ihr Leben. Schüler verlieren so Berührungsängste, und die Trainer gewinnen Selbstbewusstsein. Das Sensibilisierungs-Training stammt aus den Niederlanden und hat den Sprung nach Deutschland geschafft.

Als Suzanne Stevens vor neun Jahren das erste Mal vor einer Klasse stand, war es für beide Seiten ungewohnt. Die blinde Frau mit ihrem Assistenzhund war für die meisten Schülerinnen und Schüler kein alltäglicher Anblick. Nach zehn Minuten war das Eis gebrochen. Dann ging es mit dem „GIPS-Spiel“ los: Die Schülerinnen und Schüler teilten sich in Kleingruppen auf und erledigten 17 verschiedene Aufgaben, die Behinderungen, Krankheiten oder Alterserscheinungen thematisieren: Sie banden sich mit einer Hand die Schuhe zu, orientierten sich mit einem Blindenstock oder steuerten einen Rollstuhl.

An einem weiteren Vormittag kam Stevens mit Verstärkung zurück in die Klasse. Einer der Engagierten hörte schwer, eine Andere bewegte sich mit einem Rollstuhl, wieder ein Anderer sprach undeutlich. Aufgeteilt in kleine Gruppen, konnten die Kinder jetzt alle ihre Fragen und auch Berührungsängste loswerden. Suzanne Stevens erzählt: „Ich werde dann zum Beispiel gefragt, ob ich in einem ganz normalen Haus lebe, was der Hund frisst oder wie das mit dem Verreisen funktioniert.“

Scheu vor Menschen mit Behinderungen nehmen

Den Freiwilligen des Programms, das in den Niederlanden unter dem Namen GIPSSpelen & Leren“ bekannt ist, gelingt es, Kindern die Scheu vor Menschen mit Behinderungen zu nehmen und auf ein Leben vorzubereiten, in dem niemand ausgegrenzt wird. Stevens meint: „Die Kinder merken, dass auch ein Mensch im Rollstuhl oder einer, der nicht hört, ziemlich normal ist und ein Leben führt, das nicht viel anders ist als das der meisten Menschen.“

Die ehrenamtlichen GIPS-Trainer sind Experten in eigener Sache, denen die Arbeit mit den Schulkindern in erster Linie Spaß macht. Zusätzlich tut das selbstständige Durchführen der Workshops dem Selbstbewusstsein gut. Bei Suzanne Stevens ging es noch weiter: Nach einigen Jahren der Arbeitslosigkeit hat die gelernte Sekretärin in der GIPS-Geschäftsstelle im niederländischen Kerkrade eine feste Anstellung gefunden.

Inzwischen auch in Deutschland am Start

Das Programm, das in den Niederlanden jährlich 5.500 Schüler an 200 Schulen erreicht, ging inzwischen auch in Deutschland an den Start. In der StädteRegion Aachen nehmen bereits 93 Klassen der Jahrgangsstufe 6 teil. Weitere Landkreise wie Düren und Heinsberg stehen vor dem Start. Und das soll erst der Anfang sein.

Das Euregio Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit (EUKOBA) will das Modell als sog. Social Franchise in ganz Deutschland verbreiten. Das heißt, wo immer sich eine Gruppe von motivierten Menschen mit Behinderung oder Senioren zusammenfindet, die mit Schülern arbeiten wollen, sorgt EUKOBA für die vorbereitenden Workshops, für sämtliches Material und den guten Namen „GIPS Spielen und Lernen“. Die lokalen Gruppen entrichten im Gegenzug eine geringe jährliche Gebühr.

Linktipps:

Das Euregio Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit (EUKOBA)

Mehr Info zum niederländischen Programm GIPS „Spelen & Leren“

 

Weitere Engagement-Möglichkeiten finden Sie in der Freiwilligendatenbank

(Henrik Flor)


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