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Stipendien fürs Anderssein

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Hauptgebäude der Zeppelin-Universität inmitten eines Parks

Dass Unis ihre Studierenden selbst auswählen, um nur die Besten zu kriegen, hat man schon gehört. Aber dass eine Uni um Sitzenbleiber, Legastheniker und Ausbildungsabbrecher wirbt? Sehr schräg! Die Zeppelin-Universität in Friedrichshafen am Bodensee tut genau das: Sie lobt zum Wintersemester erstmals "Stipendien fürs Anderssein" aus.

Die Noten spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Was zählt, sind die Studienmotivation, die Leistungsbereitschaft und das gesellschaftliche Engagement. Warum macht eine Uni das? Jedenfalls nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, wie der Kommentar des Vizepräsidenten Tim Göbel belegt: "Teams mit strategischer Diversität sind selbstkritischer, selbstbewusster, wachsamer und achtsamer", sagt er. Und weiter: "So kann akademischer Mehrwert entstehen für Lernende, Lehrende und die Universität als Ganze." Hier spricht die reine Vernunft, und zwar in der Sprache wissenschaftlicher Studien.

Diversität als Prinzip

Schön ist es trotzdem. Denn die Zeppelin-Universität (ZU) hat im Gegensatz zu vielen anderen begriffen, dass Unterschiedlichkeit der Normalfall ist und ungerade Lebensläufe nichts über Intelligenz aussagen - und hat Diversität konsequenterweise zum Prinzip erhoben. Auch jenseits der neuen Stipendien wählt sie ihre Studierenden auf Basis einer schriftlichen Bewerbung und eines persönlichen Gesprächs aus, wobei die Noten neben Persönlichkeit und Entwicklungspotenzial nur ein Kriterium sind.
Weil die ZU eine private Hochschule ist, die Studiengebühren erhebt, sind die Diversität-Stipendien doppelt sinnvoll. Eine Bewerbung ist in allen vier Bachelor-Studiengängen der kleinen Hochschule möglich - bis zum 15. Juli 2013. Zwölf Stipendien werden pro Semester vergeben, eines in jeder Anderssein-Kategorie: Ausbildungsabbrecher, Bachelor-Bewerber über 30, Nerds, Gründungspleitiers, Studienabbrecher, Sitzenbleiber, Legastheniker, Dyskalkulierer, Studienanfänger, deren Eltern nicht studiert haben, Bildungsaufsteiger im zweiten oder dritten Bildungsweg, Studierende mit Zuwanderergeschichte und Bachelor-Studierende mit Kind.

Was allerdings nicht funktioniert: Im Auswahlgespräch Dyskalkulie oder Migrationshintergrund antäuschen - dass man auf eine der zwölf Art und Weisen "anders" ist, muss man dann schon per Befund, Geburtsurkunde oder anderen Papieren nachweisen ...


Linktipps:
Die Stipendien fürs Anderssein der Zeppelin-Universität
Studieren als Blinder: Das Unausgesprochene aussprechen. Ein Blogbeitrag von Heiko Kunert über sein Studium an einer Massen-Uni
Promovieren mit Behinderung. Ein Blogbeitrag von Eva Keller über das Promotionsprogramm "InWi" der Uni Bremen für Menschen mit Behinderung
"Ein Stück weit Utopie". Ein Blogbeitrag von Ulrich Steilen über die Inklusion an deutschen Hochschulen
"Sie können in Ihrer Situation kein Referat halten". Ein Blogbeitrag von Marie Gronwald über ihre Erfahrungen mit einem Studium mit Behinderung

(Autor: Eva Keller)


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