„Entschuldigung, darf ich Sie etwas fragen...?“ Die Frau lächelt. Sie holt Luft, es kostete sie sichtbar Mut, mich anzusprechen, und sie will ihre Frage stellen... doch dazu kommt es nicht, ich unterbreche sie.
„Ja, ja, ich bin die mit dem Fotoprojekt von anderStark. Geeeeenau, ich war schon öfter im Fernsehen. Vielen Dank, mir geht es gut, und nein, meine Muskelerkrankung bereitet mir keine allzu großen Probleme. Freut mich, dass Sie mich angesprochen haben! Wirklich!“
Wir starren uns an. Ich weiß nicht, wie lange. Irgendwann sagte sie schüchtern:
„Oh... ich wollte Sie eigentlich nur fragen, woher Sie diese schönen Schuhe haben!“
Wir lachen. Beide.
Ich schäme mich. Sehr.
Ich bin schlecht gelaunt aufgewacht. Schon als ich vor die Tür ging, wusste ich, das wird heute ein ganz schlechter Tag. Insgeheim hoffte ich, dass mir keiner begegnet und mich keiner anspricht. Gerne hätte ich eine Sonnenbrille auf der Nase gehabt, aber bei dem Hamburger Wetter wirkt das schnell unangebracht. Regen, kalt, schlechter Morgen, negative Begegnungen in den letzten Tagen. Das alles konnte keiner wissen, auch nicht die Frau, die meine Schuhe schön fand.
Gewisse Unsicherheiten bei der ersten Begegnung gibt es oft, und es kostet SOWIESO immer eine Überwindung, jemanden anzusprechen. Ganz egal, ob man sagen möchte:
„Entschuldigung, du hast da an der Nase... also ja, genau, etwas höher“ oder nur „Wow, dein Regenschirm ist aber schön!“
Lasst uns nicht mehr so streng zueinander sein. Lasst uns – auch wenn unsere Erfahrung etwas anderes fordert – offen, unvoreingenommen und herzlich sein. Manchmal sind die Dinge anders, als sie zunächst zu sein scheinen.
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(Anastasia Umrik)