Brandenburg macht ernst: Das kleine Bundesland bildet bald keine Sonderschullehrer mehr aus - sondern reichert alle Lehramtsstudiengänge mit sonderpädagogischen Inhalten an.
Ein Sonderpädagoge allein macht noch keinen inklusiven Unterricht. Es braucht auch Lehrer, die wissen, was ein Kind besonders macht und welche Unterstützung es braucht. Die Uni Potsdam zieht daraus Konsequenzen: Sie startet zum Wintersemester 2013/14 zwei neue Studiengänge für die Primarstufe: Der eine hat als Schwerpunkt "Grundschulbildung", der andere "Inklusionspädagogik".
Während die Studierenden des ersten Studiengangs in allen Fächern - von Deutsch über Sachunterricht bis Kunst - ausgebildet werden, konzentriert sich bei den Inklusionspädagogen das Studium auf die Pflichtfächer Deutsch und Mathe. Dafür kommen die drei Förderschwerpunkte hinzu, die in den Schulen am meisten gefragt sind: Lernen, Sprache, emotional-soziale Entwicklung.
Unterricht der Zukunft mit multiprofessionellen Teams
Der Gedanke hinter diesem Modell ist, dass der Unterricht der Zukunft von multiprofessionellen Teams geleistet wird - in Brandenburgs sechsjährigen Grundschulen würde dann ein Klassenlehrer (mit dem Profil Grundschulbildung) gemeinsam mit einem Inklusionspädagogen unterrichten. Diese beiden ziehen im Einzelfall Spezialisten hinzu - wie einen Logopäden für ein stotterndes Kind oder einen Psychologen für ein autistisches Kind.
Dass Brandenburg und die Uni Potsdam diesen - eigentlich nahe liegenden - Weg gehen, ist nicht selbstverständlich. Häufig nämlich endet das Bekenntnis zur Inklusion mit ein bisschen Kosmetik an den Curricula: So hat nach einer Erhebung des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zwar ein gutes Dutzend Hochschulen Inklusion mittlerweile zum verpflichtenden Schwerpunkt im Studium gemacht, der auch auf dem Zeugnis ausgewiesen wird. Doch auf den zweiten Blick eben fast nur in den Studiengängen der Sonderpädagogik - selten in der Sekundarstufe II oder an beruflichen Schulen.
Inklusion im Lehramtsstudium nicht durchgängig thematisiert
Und eine Expertise der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zeigt, dass Inklusion im Lehramtsstudium nicht durchgängig thematisiert wird. So gilt nur in Rheinland-Pfalz und Berlin die Vorgabe, dass eine Auseinandersetzung mit Inklusion sowohl im Studium als auch im Referendariat gegeben sein muss. Und nur vier Bundesländer nehmen alle Lehramtstypen in die Pflicht - die übrigen halten Inklusion nach wie vor für eine Angelegenheit der Sonderpädagogen.
Die Lehrer, die sich an den Regelschulen immer häufiger von Kindern mit körperlichen oder geistigen Behinderungen heraus gefordert, denken darüber vermutlich anders ...
Linktipps:
Das Department Erziehungswissenschaft der Uni Potsdam
Das Handlungsfeld "In der Schule" der Aktion Mensch
"Schule für alle gestalten": Das Praxisheft der Aktion Mensch für Lehrerinnen und Lehrer (PDF-Dokument)
Inklusion studieren: Übersicht der Universitäten und Fachhochschulen, die Bachelor- und Masterstudiengänge sowie Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Inklusion anbieten
Master of Inklusion? Ein Blogbeitrag von Eva Keller über Aus- und Weiterbildungsangeboten zum Thema Inklusion
Inklusion und Hochbegabung. Ein Blogbeitrag von Eva Keller über die berufsbegleitende Weiterbildung "Inklusive Hochbegabtenförderung in Kita und Grundschule" an der Uni Rostock
(Autor: Eva Keller)