
Sicherlich wird jetzt DIE Geschichte erwartet. DIE Geschichte des Jahres! Ich muss Sie leider enttäuschen – es ist nur eine Geschichte über ein besonderes Erlebnis von vielen, und dennoch ist mir besonders dieser Abend im Gedächtnis geblieben: Ich hatte Semesterferien, war gut drauf und wollte etwas erleben! So ging ich mit meiner Freundin los, und wir hofften auf einen feuchtfröhlichen Abend. Das Desaster, welches mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst war, begann bereits an der Bushaltestelle ...
Zwei Kleinfamilien mit großen Kinderwagen saßen im Bus, nahmen "meinen" Platz weg und konnten, selbst wenn sie wollten, keinen Platz machen. Eine weitere Mutter wollte mit einem Kinderwagen rein. Ich – gute Seele – lasse immer ältere Menschen und Kinderwagen vor. Ganz schön doof, denn der nächste Bus kam erst in zwanzig Minuten. Es fing an zu regnen. Es wurde kälter.
Nein, davon lasse ich mir nicht die Feierlaune verderben.
Ich beschloss, nicht mehr so nett zu den Müttern und ihren Kindern zu sein, schließlich habe auch ich ein Anrecht auf einen Platz im Bus. Ab sofort galt: Wer zuerst kommt, bekommt den Platz. Ausnahmen mache ich nur noch bei Müttern mit einer Behinderung.
Nur noch drei weitere Stationen mit der S-Bahn, dann bin ich an einem beliebten Ort: die Sternschanze. Ein Studentenviertel mit vielen Cafés, Restaurants und Bars. Dort ist die Stimmung entspannt, und ständig hört man jemanden lachen – wenn man denn dort ankommt. Auf dem Bahngleis stehend stellte ich fest, dass der Fahrstuhl kaputt war. Und meine Frisur saß vom Regen auch nicht mehr. Mist!
Nein, davon lasse ich mich nicht von meinem Ziel abbringen.
Plan B: In die nächste Bahn einsteigen, drei Stationen weiterfahren und dann mit dem Bus zur Sternschanze. "Diese paar Minuten Verspätung machen niemandem etwas aus." Meine Freunde kennen schon "Vorfälle" solcher Art. Der Fahrstuhl an "Plan B" war auch kaputt.
Ha! Na und?! Es gibt noch tausend andere Wege ...
Plan C: Eine weitere Station fahren, dann eine Station zurückfahren, damit ich wieder am Bahnhof "Plan C" ankomme – allerdings auf dem anderen Gleis, wo hoffentlich der Fahrstuhl funktioniert. Klingt verwirrend? Ist es auch. Unwichtig, denn das Ankommen zählt.
Irgendwann, nach circa zwei Stunden (!) Fahrtzeit für eine Strecke, für die ich normalerweise maximal vierzig Minuten brauche, bin ich in der Sternschanze angekommen. Inzwischen reagierten meine Freunde nicht mehr auf meine SMS, wahrscheinlich hatten sie begonnen, die Semesterferien zu feiern. Sie wissen schon ... das, was ich ursprünglich auch wollte.
Allmählich stieg meine Lust auf Alkohol. Mein Lächeln und die gute Stimmung begannen sich aufzulösen.
Die Bars und die Straßen waren voll, ebenso die Menschen. Ich versuchte, in irgendeine Bar zu kommen, irgendwo ein Bier bestellen zu können. Erfolglos, die Lokale waren zu voll oder nur über viele Treppen zu erreichen. Meine Blase war auch voll, wahrscheinlich nervlich bedingt! Was sollte ich tun? Ich beschloss, nach Hause zu fahren. Blöd.
Ach nee, geht ja gar nicht. Der Fahrstuhl war ja immer noch kaputt!
Nun gut, das Gleiche eben noch mal. Zeit- und ortsversetzt.
Sie glauben sicherlich, dass ich enttäuscht und wütend nach Hause kam. Stimmt. Aber das dauerte nicht lange: "Trinkst du mit mir einen Kurzen? Auf die Ferien", fragte ich meine Freundin. Sie antwortete mit "Ja".
Wie der Abend endete, weiß ich nicht mehr so genau.
"So schlimm war's nun auch alles nicht" – dachte ich am nächsten Morgen.
Linktipps:
Mit dem Fahrstuhl auf der Strecke geblieben: Ein Blogbeitrag von Raúl Krauthausen
Studieren mit einer Behinderung: Ein Blogbeitrag von Anastasia Umrik
Inklusionskampagne der Freizeit Aktion Mensch
(Autor: Anastasia Umrik)